Samstag, 28. September 2013

Gefahren und Notwendigkeit des pädagogischen Optimismus

Session im Corporate Learning Camp 2013

Tafelanschrieb in Stichworten.



Fazit vor der Erläuterung
Die Vorstellung, zu eigenverantwortlichem Lernen zu kommen, sei leicht, ist eine gefährliche Illusion. 
Aber es gibt Methoden, wie man Lerner dazu verleiten kann, selbständiges Lernen zu versuchen. 
Erläuterung
In der betrieblichen Weiterbildung macht man öfter die Erfahrung, dass Teilnehmer nicht lernen wollen. Wie kann man sie"zur Vernunft" bringen?
Nicht durch rationale Argumente, sondern indem man sie dazu bringt, aus sich herauszugehen und so ihre innere Reife fördert.

Was tut man, wenn Lernangebote nicht angenommen werden?
Beispiel: An der Uni Bremen zum Einsatz des Computers an der Universität wurde nach einer Kurzeinführung zu Powerpoint eine anregende Thematik anhand von Powerpointpräsentationen der Studenten behandelt. Die Studenten empfanden das als eine anregende Einführung in Powerpoint.
Wenn man das Interesse am Prozess weckt, indem man z.B. die Aufgabe stellt, für ein Produkt einer Firma auf dem Marktplatz Reklame zu machen, dann schafft man nebenbei die Motivation, das Produkt kennenzulernen, was gerade Gegenstand der betrieblichen Fortbildung sein soll. Wenn man 8.-Klässlern beibringen will, aus welchen Gründen sie Fahrradhelme tragen sollen, sollte man ihnen nicht diese Gründe vortragen, sondern ihnen den Auftrag geben, 5.-Klässlern zu erläutern, weshalb die Fahrradhelme tragen sollten. Damit vermeidet man eine Abwehrreaktion und schafft Motivation, sich die Gründe selbst zu erarbeiten.(vgl. Lernen durch Lehren: http://wiki.zum.de/Lernen_durch_Lehren)

Schädlicher pädagogischer Optimismus kann darin gesehen werden, wenn auf massives Fehlverhalten in der Schule nicht angemessen bestraft wird, sondern in der vagen Hoffnung auf Besserung des Schülers darauf verzichtet wird.
Man kann das freilich auch nicht als Optimismus, sondern als reine Konfliktscheu deuten. 
Dasselbe gilt wohl auch für die Forderung, "Schüler dort abzuholen, wo sie stehen", denn das führt leicht zu Nivellierung.
Jedenfalls liegt eine Grenze da, wo Gewalt ausgeübt wird. Man darf Schülern zumuten verantwortlich zu handeln.

So viel pädagogischer Optimismus ist nötig, dass man das Zutrauen in der Lernling hat, dass er lernt. Pädagogische Prozesse muss man anschieben. "Jede Maßnahme ist pädagogischer Pessimismus."
Widerspruch: Maßnahmen sind gesellschaftlich begründete rechtliche Vorgänge, nicht pädagogische. Doch auch die Pädagogik hat einen gesellschaftlichen Auftrag, nämlich den, die Jugendlichen in die Gesellschaft zu integrieren.

Doch jeder Zwang (z.B. die Verpflichtung von Hartz IV-Empfängern, sich für pädagogische Aufgaben schulen zu lassen) trägt immer die Gefahr in sich, die Würde (Art.1 GG) der Personen zu verletzen.

Wenn man Lernlinge nicht "abholen" will, wie erreicht man sie denn, wenn sie sich verschließen? (dazu vgl. http://fontanefan.blogspot.de/2012/09/blogparade-wie-motiviert-man.html und http://fontanefan.blogspot.de/search/label/Motivation)

Man braucht sie nicht in jedem Trägheitsverhalten zu bestätigen. Aber angemessen scheint es schon, bei hren unmittelbaren persönlichen Interessen anzusetzen. So sieht Jean-Pol Martin z.B. als intensive Interessen von Jugendlichen in der Pubertät Macht, Erfolg und Sexualität. Wenn man Themen mit ihnen behandelt, die ihnen die Chance geben, ein besseres Verständnis für einen dieser Themenbereiche zu gewinnen, so wird man - nach Martin - meist Interesse wecken können. Eine noch intensivere Motivation wird wohl nur geschaffen, wenn eine Tätigkeit die absolute Konzentration auf die Durchführung verlangt, aber so attraktiv ist, dass sie aus sich Flow erzeugt und keinerlei weiterer Motivation bedarf.


Ein Seitenthema:
Weshalb ist es oft so schwer, in Jugendlichen die Verantwortung für ihr Lernen zu wecken?
Nicht selten haben sie es in der Familie nicht gelernt. Entweder, weil sie völlig verwahrlost ohne persönlichen Bezug zu ihren Eltern aufwachsen oder weil die Eltern in Überhütung das Lernen des Kindes zu ihrer eigenen Sache machen. 
Solche Kinder versucht man dann manchmal durch harte Maßnahmen wie durch Verpflanzung in ein völlig anderes Umfeld zu helfen. Etwa, wenn man sie in Vietnam in eine Familie gibt, die das dortige Leistungsideal vertritt. - Freilich ist der Druck, der dort duch die Scham zu versagen aufgebaut wird, durchaus problematisch.
Richtig ist es durchaus, Grenzen zu setzen und sie nicht zu sehr aufzuweichen, doch muss dabei das richtige Maß gehalten werden.  

Bedauert wurde, dass in der Pädagogik die Kreativität immer wieder zu kurz komme. In unserem Barcamp beschäftigen sich allerdings eine ganze Reihe von Sessions mit der Weckung von Kreativität.



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