Samstag, 23. Februar 2013

Die digitale Bohème - Netzkultur als Lebensstil

Die digitale Bohème - Netzkultur als Lebensstil (Funkkolleg Medien 14. Folge)

 Co-working-spaces "Freiberufler, Kreative, kleinere Startups oder digitale Nomaden, die unabhängig voneinander agieren oder in unterschiedlichen Firmen und Projekten aktiv sind, arbeiten in meist größeren Räumen zusammen und können auf diese Weise voneinander profitieren." (Wikipedia: Coworking)
"Urbane Penner"* (Mercedes Bunz), "digitale Bohème", Arbeit ohne Festanstellung und geringem Einkommen (Ähnlichkeit mit der Bohème aus dem 19. Jh.)
Sascha Lobos (zusammen mit Holm Friebe) Buch: "Wir nennen es Arbeit – die digitale Bohème oder: intelligentes Leben jenseits der Festanstellung". Ohne mobiles Internet wären  co-working-spaces nicht möglich.
Diese Art von Arbeit könnte man freilich auch Selbstausbeutung nennen. Vgl. Prekarität trotz Arbeit, aber auch unvermeidlich wegen des Rückgangs der Festanstellung. (Fast eine Viertel der Selbständigen verdient weniger als 1100.- € pro Monat, deshalb können sie keine Rentenversícherung bezahlen.)
Auch große Konzerne streben eine Flexibilisierung der Arbeitswelt ähnlich wie bei der digitalen Bohème. Jeder sollte stets arbeiten und nie Feierabend haben.
In Berlin ein deutsches Silicon Valley?
Individualisierung könnte auch bei der Arbeit eintreten. (Lobo/Friebe) Freilich ist das keinesfalls für jeden etwas.

*Zitat aus: Urbane Penner: "Man kann eine noch so gute Geschäftsidee haben, wenn es auf der Konsumebene kein Geld gibt, hilft eine Ich-AG wenig."

Mein Kommentar:
Für mich hat diese Individualisierung einen ungeheuren Negativsaldo:
1. führt sie alle Nachteile der Heimarbeit wieder herauf, die zu dem Weberaufstand von 1844 geführt haben.
2. erschwert sie Kinderbetreuung in demselben Maße, wie sie eine geregelte Freizeit beseitigt. Dagegen helfen auch keine Kitas. Die Arbeitnehmer werden in den Status des frühen 19. Jahrhunderts zurück versetzt, wo sie die Abhängigkeit mit den Leibeigenen teilten, aber aus dem Verantwortungsbereich der Arbeitgeber entlassen waren.
3. Selbst wenn das Bedingungslose Grundeinkommen eine wirtschaftliche Absicherung verschaffte, die dem Einzelnen so etwas wie das Marxsche "Reich der Freiheit" ermöglichte, so bliebe doch die Kritik von Hans Jonas an diesem Reich der Freiheit in Geltung (vgl. Das Prinzip Verantwortung, 7. Aufl. 1987, "Verlust der Freiheit", S.360-362).

So sehr ich als aus der Erwerbstätigkeit Ausgeschiedener die Freiheit der Wahl meines Arbeitsfeldes zu schätzen weiß, so kenne ich doch die Situation derer zu gut, denen von der Gesellschaft signalisiert wird, ihre selbstbestimmte Arbeit sei nichts wert.

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